Eva Viehoff: Rede zum Haushalt 2019 - Schwerpunkt Wissenschaft, Kultur

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

als ich im August den Haushaltsentwurf für 2019 in den Händen hielt war ich gespannt, welche inhaltlichen Schwerpunkte die Landesregierung in den Bereichen Hochschulen/Wissenschaft, Kultur und Erwachsenenbildung setzen will.

Ich war nicht nur enttäuscht, sondern gelinde gesagt entsetzt über das, was ich dort sehen und lesen musste.

Dass der jetzt vorliegende Haushalt doch noch ansatzweise eine Struktur hat, ist ja nun auch eher dem Protest der Betroffenen und der Angst der Wahlkreisabgeordneten -man will ja wieder gewählt werden- zu verdanken, als der Einsicht der handelnden Personen.

Ich muss also konstatieren:

Keine Vision - keine Ideen - keine Struktur - Schwacher Minister – schwacher Haushalt.

Anrede,

da gibt es zum Beispiel die Digitalisierungsprofessuren. Digitalisierung – DAS Schlagwort dieser Regierung. Dazu wurde dann auch gleich zu Beginn ein GroKo-Antrag gestellt – inklusive Anhörung beraten und verabschiedet von der GroKo, allerdings auch ohne Finanzierungsidee aus den Reihen der GroKo. Und dann schaffen es das Kabinett und der Minister nicht einmal das in den Haushaltsentwurf einzupreisen. 

Was uns jetzt vorliegt, ist halbherzig und finanziell so schlecht ausgestattet, dass ich meine Zweifel habe, ob es – Wettbewerb hin oder her – für exzellente Wissenschaftler*innen überhaupt interessant ist.

Wenn hier wirklich etwas bewegt werden soll und diese Aktivität nicht zu einem Feigenblatt verkommt, müssen diese Stellen gut ausgestattet sein. Dies machen wir mit unserem Vorschlag. Er sieht zwar weniger Stellen vor, dafür können diese dann aber auch mit wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen ausgestattet werden.

Wir brauchen im Transformationsprozess gesellschaftliche Akzeptanz. Wir fordern daher ein Drittel der Professuren im Bereich der Ethik einzurichten. Die Menschen müssen mitgenommen werden. Was im Bereich der Digitalisierung heute denkbar und technisch möglich ist, stellt uns vor ganz neue gesellschaftspolitische Herausforderungen. Das fordert Wissenschaft und Forschung heraus.

Anrede,

gar nichts zu lachen hatten die Kulturschaffenden. Da wurde viel versprochen und eigentlich nichts gehalten. Und das obwohl Kultur so viele Möglichkeiten bietet sich mit Politik, Demokratie und kultureller Vielfalt auseinanderzusetzen.

Und es sich dann einfach zu machen und die Verantwortung für die nicht etatisierten Kulturkosten von sich wegzuschieben. Da macht es sich die GroKo viel zu einfach. Dass im Haushaltsentwurf 2019 der Landesregierung für kommunale und freie Theater, für Musikbildung, für die Amateurtheater … zunächst kein zusätzliches Geld vorgesehen war, das haben SIE zu verantworten. Hier Akzente zu setzen – DAS wäre IHR Job gewesen.

Es reicht eben nicht nur, Mittel mündlich zuzusagen, um Konflikte zu vermeiden – dann muss man von Anfang an dazu stehen, dass man nicht gewillt ist, notwendige Mittel für die Kultur zur Verfügung zu stellen.

Hier gilt es noch einmal Danke zu sagen für die vielen Aktiven, besonders der Aktion #rettedeintheater, die sich seit August dafür eingesetzt haben, dass es keinen kulturellen Kahlschlag im Flächenland Niedersachsen gibt. Das beruhigt aktuell – die Änderungen führen allerdings nicht dazu, die kulturelle Arbeit in Niedersachsen dauerhaft zu sichern.

Anrede,

allerdings scheint das MWK neue Hobbys entwickelt zu haben und will das Paläon übernehmen. Ein finanziell angeschlagenes Museum. Und das obwohl in der Regierungszeit von Christian Wulf immer wieder betont wurde, dass nicht an eine Übernahme des Paläons gedacht wird, sondern dass sich das Museum selbst tragen muss. Seltsam ist, dass sie diese Maßnahme in der technischen Liste versteckt haben. Das ist eindeutig eine politische Entscheidung, die leider auch erhebliche Folgekosten hat.

Und auch der momentan aktuell diskutierte Kauf der Marienburg von Einem durchaus vermögenden Adelshaus durch die Klosterkammer – die einen erheblichen Sanierungsbedarf aufweist – kann ein Riesenloch in die kommenden Haushalte reißen; denn Denkmalschutz verpflichtet. Viele Menschen die solche Gebäude ihr Eigen nennen, engagieren sich, um ihre Gebäude in Schuss zu halten, auch viele Burgbesitzer*innen in Niedersachsen. Nicht so die Welfen. Die machen lieber Kunstschätze zu Geld wie 2005 mit der Versteigerung von Kunstgegenständen auf der Marienburg passiert. Reinvestiert wurde von dem Erlös allerdings wenig bis nix. Das lehnen wir ab und sehen in dem geplanten Deal der Landesregierung und der Klosterkammer einen Verstoß gegen Denkmal- und Haushaltsrecht.

Anrede,

was die GroKo allerdings nicht als notwendig und wünschenswert hielt, war wohl die Sprachförderung.

Herr Töpfer hat noch im September groß verkündet, dass über die verbliebenen Restmittel das gesamte Jahr 2019 für die Sprachförderung mind. 30 Millionen Euro vorhanden sein würden. Heute wissen wir, dass diese Mittel anscheinend schon jetzt überzeichnet sind. Was bleibt ist eine VE in Höhe von 12 Millionen Euro für 2019. Das kann doch nicht ihr Ernst sein!

Anrede,

das ist keine Milchmädchenrechnung, denn Mädchen können rechnen! Es ist einfach dumm! Integration gelingt nur über den Spracherwerb.

Wer also Integration fordert, der muss die Menschen, die zu uns gekommen sind im Spracherwerb unterstützen – alle – die mit und ohne Bleibeperspektive; denn was ist so verwerfliches daran eine weitere Sprache zu lernen?

Und Spracherwerb gelingt nur wenigen in nicht mal 2 Jahren. Da kann man dann nicht sagen „Nun reicht’s“ oder jetzt ist „Schicht im Schacht“. Stellen wir uns doch mal vor wir alle (Ausnahme AfD) müssten arabisch in Wort und Schrift in zwei Jahren lernen. Ich bin ehrlich, ich traue mir das nicht zu.

Es ist daher umso erstaunlicher, dass dies eine Reihe von Migrant*innen tatsächlich in zwei Jahren geschafft haben.

Anrede,

ich komme zum Schluss.

Der Entwurf der Landesregierung war ein emotionsloser, wissenschafts- und kulturpolitischer Offenbarungseid. Die politische Liste der GroKo pflastert die schlimmsten Wunden zu.

Den vorhandenen Herausforderungen zu Digitalisierung und kultureller Vielfalt wird dieser Haushaltsplanentwurf leider nicht gerecht und daher werden wir den Einzelplan 06 ablehnen.

Vielen Dank.

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