Eva Viehoff: Rede zu #RetteDeinTheater - Aktuelle Stunde GRÜNE

Rede TOP 5a: Landesregierung streicht Tarifsteigerung an Theatern - Rotstiftpolitik in der Kultur stoppen #RetteDeinTheater (Aktuelle Stunde Grüne)

- Es gilt das gesprochene Wort -

<Anrede>

Am letzten Freitag war ich auf Einladung der Aktion „40.000 Theatermitarbeiter*innen treffen ihre*n Abgeordete*n“ am Staatstheater Braunschweig. Sicher haben auch einige von Ihnen diese Einladung aus dem September angenommen und das Haus besucht.

Für mich war dies erneut ein beeindruckendes Erlebnis, weil es mir gezeigt hat, dass Menschen, die in Kunst und Kultur arbeiten immer auch mit Herzblut und hohem Engagement dabei sind. Und das sind dann eben nicht nur die Künstler*innen – ich sprach auch mit Mitarbeitenden des Fundus und der Werkstätten. Alle versuchen alles - was möglich ist - möglich zu machen.

Und genauso wie in Braunschweig versuchen alle Theater in Niedersachsen – ob die Staatstheater, die kommunalen Theater oder die freien Theater ebenso wie alle anderen Kulturschaffenden mit viel Engagement den Laden am Laufen zu halten“.

Herzblut und Engagement kaufen allerdings kein Brot. Dafür braucht es gute Arbeit. Das hat diese Landesregierung in ihrem Antrag „Tarifautonomie und Mitbestimmung stärken - Gewerkschaften beim Einsatz für bessere Arbeitsbedingungen unterstützen“ (Drucksache 18/9866) auch so festgestellt.

Ich zitiere:

„Ein wichtiges Instrument zur einvernehmlichen Sicherung von Arbeitnehmer- und Arbeitgeberinteressen sind Tarifverträge. Sie legen die Kernbedingungen der Arbeit fest und sorgen für bessere Arbeitsbedingungen der Beschäftigten“

Doch in der aktuellen Diskussion zur Übernahme von Tarifsteigerungen bei den kommunalen Theatern und dem Staatstheater Hannover scheint das Prinzip „Gute Arbeit“ nicht zu gelten.

Das ist besonders ärgerlich, handelt es sich doch bei Theatermitarbeitenden oft um prekär Beschäftigte. Würde von Ihnen, meine Damen und Herren, jemand nach einer 4-jährigen Ausbildung für ein Bruttogehalt (volle Stelle, mit Sonn- und Feiertagsarbeit) von 2300 Euro arbeiten? Ich vermute mal nicht. Doch das ist das Einstiegsgehalt für voll ausgebildete Schauspieler*innen.

Wenn in so einem Bereich, dann nicht mal das Land bereit ist anteilig die Tarifsteigerungen zu übernehmen – da, will ich mal frei nach Shakespeare sagen „da ist was faul im Lande Niedersachsen!“

<Anrede>

Kunst ist Arbeit und Arbeit braucht gerechten Lohn!

Die Corona Pandemie hat uns doch vor Augen geführt was fehlt, wenn Kultur nicht stattfindet, wenn Theater geschlossen sind. Warum also wird dann nicht jetzt mehr dafür getan, damit langfristig erhalten werden kann, was so viele Menschen wollen?

Ein Blick in den Kulturfinanzbericht des statistischen Bundesamtes lohnt sich da, um zu sehen warum der finanzielle Spielraum gerade in Niedersachsen so limitiert ist:

Um es einmal in der Fußballsprache zu sagen – bei den öffentlichen Ausgaben (Land und Kommunen) für Kultur steht Niedersachsen auf dem unteren Relegationsplatz mit ca. 76 Euro pro Einwohner*in. Der Durchschnitt der Bundesländer liegt aktuell bei 115 Euro. Und selbst, wenn man die Stadtstaaten rausgerechnet liegt der Mittelwert deutlich über 100 Euro – nämlich bei 112 Euro. Selbst das Land Brandenburg bringt ca. 100 Euro pro Einwohner für die Kultur auf und auch das ist ein Flächenland mit viel ländlichem Raum. Von einer solchen Summe ist Niedersachsen weit entfernt.

Dazu kommt, dass ein sehr großer Teil der Kulturausgaben festgelegt ist und Umverteilungen schwierig sind. Wenn Minister Thümler tatsächlich mehr für die Kultur tun wollte, dann hätte er dafür kämpfen müssen, dass sich das Gesamtvolumen für die Kultur erhöht. Mit Blick auf den Anteil des Einzelplans 06 am Gesamthaushalt müssen wir feststellen, dass dieser z.B. im Jahr 2016 noch bei 10,9% lag, im Jahr 2021 liegt er nur bei 10,2%.

Vielmehr wird lieber die Kulturförderung eingefroren. Das ist bei gleichzeitig deutlich steigender Inflationsrate de facto eine empfindliche Einsparung, besonders vor dem Hintergrund der zu erwartenden Tarifsteigerungen.

So gibt es nicht mehr, sondern weniger Kultur. Oder besteht doch Hoffnung?

Vielleicht ja! Wie wir durch die HAZ erfahren durften, hat sich Finanzminister Hilbers bei Moliére’s „Der eingebildete Kranke“ köstlich amüsiert und applaudierte dann wohl aus der Begeisterung heraus auch bei dem Aufruf zur Aktion #rettedeintheater.

<Anrede>

„Wir verwenden einen Spiegel, um unser Gesicht zu sehen. Wir brauchen Kunst, um unsere Seele zu sehen.“ (George Bernhard Shaw)

Und dafür brauchen Kunst und Kultur mehr Geld!

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