Antwort der Landesregierung auf kleine Anfrage:Beantragte Einleitungen in die Elbe: Radioaktives Wasser aus dem Atomkraftwerk Brunsbüttel

 

Anfrage der Abgeordneten Eva Viehoff, Christian Meyer, Detlev Schulz-Hendel, Dragos Pancescu und Imke Byl (GRÜNE), eingegangen am 07.12.2018 - Drs. 18/2375 an die Staatskanzlei übersandt am 14.12.2018 - Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz namens der Landesregierung vom 16.01.2019

Beantragte Einleitungen in die Elbe: Radioaktives Wasser aus dem Atomkraftwerk Brunsbüttel


Anfrage der Abgeordneten Eva Viehoff, Christian Meyer, Detlev Schulz-Hendel, Dragos Pancescu und Imke Byl (GRÜNE), eingegangen am 07.12.2018 - Drs. 18/2375 an die Staatskanzlei übersandt am 14.12.2018


Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz namens der Landesregierung vom 16.01.2019


Vorbemerkung der Abgeordneten
Der Atomkonzern Vattenfall hat für den Rückbau des Atomkraftwerks Brunsbüttel (Schleswig-Holstein) die Einleitung von Kühl- und Abwässern in die Elbe beantragt. Von den Einleitungen sind auch die Anlieger auf der niedersächsischen Elbseite betroffen.
Die Niederelbe-Zeitung berichtete: „Jetzt hat die Betreibergesellschaft die ‚Erteilung einer gehobe-nen wasserrechtlichen Erlaubnis für die Einleitung von erwärmtem Kühl- und Abwasser‘ in die Elbe beantragt. Es soll eine Leitung gebaut werden, über die das Wasser aus dem Meiler in den Fluss gelangt. Das ruft den Umweltverband BUND auf den Plan. Er fordert eine sorgfältigere - und teure-re - Filterung der Abwässer. Er befürchtet, dass auch radioaktive Stoffe (Nuklide) in die Elbe fließen und damit Umwelt- und Gesundheitsschäden bei Mensch und Tier entstehen. Die Einleitungen wä-ren zum Teil um ein Tausendfaches höher als während des AKW-Betriebes. Bei sorgfältiger Filterung, so der BUND, könne die Strahlenbelastung auf nahezu Null sinken.


Vattenfall hat beantragt, 185 Milliarden Becquerel pro Jahr radioaktiver Stoffe (einschließlich Pluto-nium) in 200 m Entfernung vom Deichfuß ‚zur besseren Verdünnung‘ einzuleiten. Der BUND hat gegen den Antrag von Vattenfall eine Sammeleinwendung mit Unterschriftenlisten vorbereitet. Die Entnahme und Einleitung von gut 10 Millionen m³ Elbwasser pro Jahr gefährde angesaugte Was-sertiere wie Fische und Krebse. Die Menge an Wasser sei unnötig, da es in Brunsbüttel so gut wie nichts mehr zu kühlen gebe, argumentiert der Umweltverband.


Der Betreiber des Atomkraftwerkes hat die Einleitungen der Schadstoffe für die Dauer von 20 Jah-ren in gleichbleibender Höhe beantragt. Auch dagegen wendet sich der BUND. Die Menge müsse schrittweise mit dem Fortgang des Rückbaus reduziert werden“ (20.11.2018, https://www.cnv-medien.de/news/radioaktives-wasser-aus-dem-kernkraftwerk-in-die-nordsee.html).


Vorbemerkung der Landesregierung
Der Betreiber des Atomkraftwerks Brunsbüttel, die Vattenfall GmbH, hat beim zuständigen Kreis Steinburg eine befristete gehobene wasserrechtliche Erlaubnis für das Einleiten von erwärmtem Kühl- und Abwasser in die Elbe beantragt.
Gemäß der Fragestellung beziehen sich die nachfolgenden Antworten auf dieses wasserrechtliche Verfahren und nicht auf das atomrechtliche Stilllegungsverfahren in Schleswig-Holstein.

Im Rahmen des Verfahrens hat eine Beteiligung der Träger öffentlicher Belange stattgefunden. Die Unterlagen wurden öffentlich ausgelegt. Verschiedenen Institutionen und Behörden auf der nieder-sächsischen Seite der Elbe wurde die Möglichkeit gegeben, sich in das Verfahren einzubringen und Anregungen und Bedenken zu äußern.


1. Inwiefern beteiligt sich die Landesregierung an dem Genehmigungsverfahren?
Das Land Niedersachsen hat sich durch den Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirt-schaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) als Träger öffentlicher Belange mit zwei Stellungnahmen vom 09.08.2017 und 18.06.2018 geäußert. Hinsichtlich der Inhalte wird auf die Antworten zu den Fragen 4 und 5 verwiesen.


Der Kreis Steinburg hat mitgeteilt, dass im Rahmen des Verfahrens folgende Behörden der mittel- und unmittelbaren Landesverwaltung Niedersachsens als Träger öffentlicher Belange um Stellung-nahme gebeten wurden: Landkreise Cuxhaven und Stade, NLWKN - Betriebsstelle Lüneburg, Staatliches Fischereiamt Bremerhaven, Niedersächsisches Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit - Dezernat Binnenfischerei. Der Landkreis Cuxhaven als untere Wasser- und Naturschutzbehörde und der NLWKN haben eine ausführlichere Stellungnahme abgegeben.


2. Inwiefern stellen die beantragten Einleitungsmengen und Höchstgrenzen für die Einleitung von radioaktiven Stoffen eine Veränderung zu der bisherigen wasserrechtlichen Genehmigung dar (bitte je Nuklid aufführen)?
Die beantragten Einleitungsmengen und Höchstgrenzen für die Einleitung von radioaktiven Stoffen stimmen mit der derzeit gültigen wasserrechtlichen Erlaubnis vom 12.05.2017 überein. Lediglich der Ort der Einleitung ändert sich. In der wasserrechtlichen Erlaubnis werden bei den Aktivitätsab-gaben nicht die einzelnen Radionuklide begrenzt, sondern die Summe des Nuklidvektors (Nuklid-gemisch ohne Tritium) sowie die Aktivitätsabgabe des Tritiums. Die Ableitung radioaktiver Stoffe ist in der aktuellen Erlaubnis wie folgt begrenzt und wurde weiterhin entsprechend beantragt: Gelöste Spalt- und Aktivierungsprodukte (ohne Tritium) 1,85 x 1011 Bq/a; Tritium 3,7 x 1013 Bq/a.

 

3. Wofür und warum wird die neue Leitung benötigt?
In dem Verfahren beantragt der Betreiber, die bereits vorhandene Einleitung des gereinigten (Rück-haltung radioaktiver Stoffe gemäß KTA 3603) anfallenden radioaktiv kontaminierten Abwassers an einem anderen Punkt der Elbe weiter in den Elbstrom einzuleiten.


Durch den stark reduzierten Kühlwasserstrom wird in absehbarer Zukunft kein ausreichendes Vo-lumen an Vermischungswasser für das Abwasser aus den Abgabebehältern zu Verfügung stehen. Daher soll das abzugebende Wasser direkt in den Elbestrom eingeleitet werden, um eine ausreichende Vermischung zu erreichen.

 

4. Sieht die Landesregierung die Möglichkeit einer Verletzung der Schutzgüter, wie sie in der vor einigen Tagen in Kraft getretenen Schutzgebietsverordnung zum „NSG Mün-dungstrichter Elbe“ benannt sind?
Schutzzweck der Verordnung über das Naturschutzgebiet „Niedersächsischer Mündungstrichter der Elbe“ sind die Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung von Lebensstätten, Biotopen oder Lebensgemeinschaften wildlebender, schutzbedürftiger Tier- und Pflanzenarten sowie der Schutz von Natur und Landschaft wegen ihrer Seltenheit, besonderen Eigenart, Vielfalt oder hervorragen-den Schönheit. Die Erklärung zum NSG bezweckt insbesondere die Erhaltung oder Wiederherstel-lung naturnaher Ästuarbereiche und ihrer Lebensgemeinschaften, die Erhaltung oder Wiederher-stellung der funktionalen Beziehungen der Watt- und Wasserflächen zu den angrenzenden tidege-prägten Vorlandbereichen und den eingedeichten Marschen sowie der ökologischen Verbindungs-funktion (§ 2 Abs. 1 der NSG-Verordnung). Die Verordnung führt im Schutzzweck (§ 2 Abs. 1 und 3) darüber hinaus eine Reihe von Arten und Lebensraumtypen an, insbesondere diejenigen, die für die sich räumlich überlagernden Natura-2000-Gebiete maßgeblich sind.


Der bisherige Betrieb des AKW Brunsbüttel mit den Einleitungen erfolgt komplett außerhalb des NSG und begann bereits weit vor dem Zeitpunkt der Ausweisung des Schutzgebiets am 22.11.2018. Die im Zusammenhang mit der Stilllegung bzw. dem Rückbau des AKW Brunsbüttel beantragten Einleitungsmengen und Höchstgrenzen für die Einleitung von radioaktiven Stoffen ent-sprechen denen der derzeitigen wasserrechtlichen Erlaubnis. Einer Konzentration in ufernahen Be-reichen bei reduzierter Kühlwassereinleitung wird dadurch vorgebeugt, dass die neue Einleitungs-stelle in die Gewässermitte verlagert wird. Die Landesregierung sieht daher den Schutzzweck der NSG-Verordnung „Niedersächsischer Mündungstrichter der Elbe“ auch durch die Einleitungen in der Phase des Rückbaus des AKW nicht gefährdet.


5. Stehen die geplanten Einleitungsmengen im Konflikt mit der europäischen Wasserrah-menrichtlinie und dem dort vereinbarten Verschlechterungsverbot?
Die Fragestellung wurde geprüft mit dem Ergebnis, dass negative Auswirkungen (Verschlechterun-gen gemäß WRRL) im Wasserkörper Elbe (Übergangsgewässer) nicht zu erwarten sind.

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