Pressemeldung Nr. Drucksache 18/4060 vom

Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung:Anwendung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes in Niedersachsen

Anwendung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes in Niedersachsen

Anfrage der Abgeordneten Eva Viehoff (GRÜNE) an die Landesregierung, eingegangen am 21.06.2019.


Laut dem Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs von 2017 sind aktuell bis zu 93 % der Angestellten an deutschen Hochschulen befristet beschäftigt, in der übrigen Arbeitswelt sind es etwas mehr als 8 %. Ein Grund hierfür ist das Gesetz über befristete Arbeitsverträge in der Wissenschaft (WissZeitVG). Dieses ermöglicht die Befristung von Arbeitsverträgen des wissenschaftlichen und künstlerischen Personals im akademischen Mittelbau an Hochschulen abseits der Beschränkungen des Teilzeit- und Befristungsgesetzes. Das WissZeitVG sieht für die zwei Qualifikationsphasen im
Wissenschaftssystem jeweils eine Höchstbefristungsdauer von sechs Jahren vor. Die erste Qualifikationsphase dient in der Regel zur Promotion. Das WissZeitVG wird von verschiedenen Seiten kritisiert, so beispielsweise von der Bildungsgewerkschaft
Erziehung und Wissenschaft, aber auch vonseiten der beschäftigten wissenschaftlichen
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Einer der vorgebrachten Hauptkritikpunkte ist, dass nicht genügend unbefristete Stellen geschaffen wurden, wodurch die im Gesetz festgelegte Fristenregelung in der Mehrheit der Fälle dazu führt, dass wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter langfristig ihre Stellen an Hochschulen oder im Forschungsbetrieb aufgeben müssen. Des Weiteren enthält das WissZeitVG einige unbestimmte Rechtsbegriffe, die der Auslegung bedürfen.


1. Wie erfolgen die Befristungen an Niedersächsischen Hochschulen und Universitäten?
2. Hält es die Landesregierung für geboten, dass die Anwendung des WissZeitVG an den Hochschulen in Niedersachsen einheitlich erfolgt? Falls ja, wie stellt sie dies sicher? Falls nein, warum nicht?
3. Welche Vorgaben, Empfehlungen und/oder Hinweise seitens der Landesregierung gibt es für die Hochschulen bei der Anwendung des WissZeitVG?
4. Welchen rechtlichen Charakter haben die unter Frage 2 gemachten Aussagen der Landesregierung?
5. Welche Kriterien müssen nach Ansicht der Landesregierung erfüllt sein, damit eine nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG mögliche Befristung von Personal zulässig ist: „Die Befristung von Arbeitsverträgen des in § 1 Abs. 1 Satz 1 genannten Personals, das nicht promoviert ist, ist bis zu einer Dauer von sechs Jahren zulässig, wenn die befristete Beschäftigung zur Förderung der eigenen wissenschaftlichen oder künstlerischen Qualifizierung erfolgt.“?
6. Welche Vorgaben, Richtlinien oder Hinweise zur Umsetzung gibt es seitens der Landesregierung an die Hochschulen in Niedersachsen hinsichtlich der Anwendung des § 2 Abs. 1 WissZeitVG, wonach die Befristung von Personal zulässig ist, „wenn die befristete Beschäftigung zur Förderung der eigenen wissenschaftlichen oder künstlerischen Qualifizierung erfolgt“ (bitte aufschlüsseln nach Hochschule, Zeitpunkt und rechtlichem Charakter)?
7. Welche hochschulinternen Vorgaben, Umsetzungsrichtlinien und/oder Vorgaben der Hochschulen zur Anwendung des § 2 Abs. 1 WissZeitVG sind der Landesregierung bekannt, und wie beurteilt sie diese jeweils?
8. Wie ist nach Auffassung der Landesregierung der Begriff der „Qualifizierung“ für promoviertes Personal nach § 2 WissZeitVG auszulegen?

9. Wie wird an welchen Hochschulen, Fachbereichen bzw. Lehrstühlen die geforderte „Qualifizierung“ nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG definiert (bitte unterteilt in die Promotions- und Post-Doc-Phase)?
10. Welche Vorgaben, Richtlinien oder Hinweise zur Umsetzung gibt es seitens der Landesregierung an die Hochschulen in Niedersachsen hinsichtlich der in § 2 Abs. 1 Satz 3 WissZeitVG genannten „Angemessenheit“ der Befristungsdauer (bitte aufschlüsseln nach Hochschule, Zeitpunkt und rechtlichem Charakter)?
11. Welche hochschulinternen Vorgaben, Umsetzungsrichtlinien, Vorgaben zur Anwendung des § 2 Abs. 1 Satz 3 WissZeitVG mit Blick auf die „Angemessenheit“ der Befristungsdauer sind der Landesregierung bekannt, und wie beurteilt sie diese jeweils?
12. Wie wird an welchen Hochschulen, Fachbereichen bzw. Lehrstühlen die geforderte „Angemessenheit“ der Befristungsdauer nach § 2 Abs. 1 Satz 3 WissZeitVG ermittelt?
13. Wie viele Verträge für nicht promoviertes wissenschaftliches oder künstlerisches Personal nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG gibt es in Niedersachsen (bitte aufschlüsseln nach Hochschule und Fachbereich)?
14. Wie viele Verträge für nicht promoviertes wissenschaftliches oder künstlerisches Personal nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG gibt es in Niedersachsen, bei denen das Qualifikationsziel nicht die Promotion ist (bitte aufschlüsseln nach Hochschule und Fachbereich sowie das Qualifikationsziel)?
15. Wie ist nach Auffassung der Landesregierung der Begriff der „Qualifizierung“ für nicht promoviertes Personal nach § 2 WissZeitVG auszulegen?
16. Wie beurteilt die Landesregierung die in § 2 WissZeitVG stehende sogenannte familienpolitische Komponente, die eine Verlängerung der Höchstbefristungsdauer beim Nachweis von Erziehung, Pflege, Behinderung oder chronischer Erkrankung ermöglicht?
17. Welche (Dienst-)Vereinbarungen bzw. Beschlüsse bestehen an welcher Hochschule hinsichtlich der in Frage 16 genannten Verlängerungsmöglichkeiten?
18. Welche (Dienst-)Vereinbarungen bzw. Beschlüsse hinsichtlich der in Frage 16 genannten Verlängerungsmöglichkeiten sind der Landesregierung aus anderen Bundesländern bekannt, und wie beurteilt sie diese?
19. Welche Tätigkeiten zählen nach Ansicht der Landesregierung zu dem im § 2 WissZeitVG genannten Sechsjahreszeitraum?
20. Stimmt die Landesregierung folgender Auffassung mit Blick auf § 2 WissZeitVG zu: „Nach allgemeiner Ansicht sind nur solche Tätigkeitsverhältnisse anzurechnen, die der wissenschaftlichen oder künstlerischen Qualifikation dienen. Dies ergibt sich nicht unmittelbar aus dem Wortlaut der Regelung, wohl aber aus dem Gesetzeszweck.“ (Kommentar R. Krause, Rn. 88 zu §2 WissZeitVG, vgl. auch: Dörner: Der befristete Arbeitsvertrag, Rn. 580, WissZeitVG, §2 Rn. 94)?

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