Antrag: Zertifizierte Tourismuskommunen finanziell unterstützen

Der Landtag stellt fest:

Deutschlandurlaub, Urlaub in Niedersachsen, orts- und naturnaher Tourismus werden immer beliebter. Bei zahlreichen Urlauber*innen ist seit Jahren ein wachsendes Interesse an klimafreundlichem Reisen und Nachhaltigkeit zu verzeichnen. Darüber hinaus hat die Corona-Pandemie nach dem ersten Lockdown 2020 gerade in den zertifizierten Tourismuskommunen in Niedersachsen zu einer starken Nachfrage geführt. Hinzu kommt der Trend, dass die Menschen sich immer häufiger für möglichst qualitativ hochwertige Kurzurlaube entscheiden, statt etwa drei Wochen am Stück zu verreisen.

Damit die aktuelle positive Entwicklung in Niedersachsen zu einer nachhaltigen Nachfrage wird, bedarf es einer gezielten Unterstützung der ausgewiesenen Tourismuskommunen durch das Land Niedersachsen.

Die 41 vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung in aufwändigen Verfahren zertifizierten Tourismuskommunen in Niedersachsen halten für ihre Gäste neben Einrichtungen wie Parks oder Schwimmbädern, die über Gäste- und/oder Tourismusbeiträge finanziert werden können, umfangreiche weitere Infrastrukturbereit, die nicht über die Beiträge nach dem NKAG finanziert werden dürfen. Dazu gehören insbesondere Investitionen in die allgemeine Daseinsvorsorge wie Straßen, Fahrradwege, Beleuchtung oder ausreichend gut ausgestattete Feuerwehren und Rettungsdienste.

Da sich in den genannten Tourismuskommunen in der Hochsaison oft doppelt bis dreimal so viele Menschen aufhalten, wie die Orte Einwohner*innen haben, bedeutet die Bereitstellung der zusätzlich erforderlichen Infrastruktur eine erhebliche finanzielle und personelle Belastung für die oft im strukturschwachen Raum liegenden Tourismuskommunen.

Hinzu kommt, dass durch einige Regelungen im Niedersächsischen Kommunalabgabengesetz und Urteile der obersten Verwaltungsgerichte noch weitere finanzielle Belastungen für die zertifizierten Tourismuskommunen verursacht werden. So müssen die entsprechenden Satzungen zwingend einen Kostenanteil der Gemeinde (Anteil der Allgemeinheit) bestimmen, der von der Kommune zu tragen ist, da auch die Einheimischen die touristischen Einrichtungen nutzen können. Auch Befreiungen oder Ermäßigungen beispielsweise für Kinder und für Menschen mit Behinderungen müssen aus dem kommunalen Haushalt finanziert werden. Das bedeutet, die Steuerzahler*innen in der Kommune zahlen für die sozialen Ermäßigungen der Gäste. (s. § 10 Abs. 2 Satz 5 NKAG)

Vor diesem Hintergrund fordert der Landtag die Landesregierung auf

  • die zertifizierten Tourismuskommunen bei ihren zusätzlichen Leistungen zur Daseinsvorsorge und für eine auf die Gästezahlen ausgelegte Infrastruktur künftig finanziell zu unterstützen. Dabei sind sowohl Ansätze eines regelmäßig in den Landeshaushalt eingestellten Sonderfonds in Höhe von mindestens 15 Millionen Euro/a als auch eine wirksame Berücksichtigung des Wirtschaftsfaktors Tourismus über den kommunalen Finanzausgleich denkbar.
  • zu klären, wie eine rechtssichere Änderung des niedersächsischen Kommunalabgabengesetzes erfolgen müsste muss, durch welche die zertifizierten Tourismuskommunen bei den Einnahmeausfällen durch soziale Ermäßigungen bei den Gästebeiträgen entlastet werden können, und diese schnellstmöglich umzusetzen.
  • parallel dazu einen Dialogprozess Tourismus unter Beteiligung der zertifizierten Tourismuskommunen, dem Niedersächsischen Städte- und Gemeindebund und dem Niedersächsischen Städtetag zu initiieren. Ziel des Dialogprozesses ist es, gemeinsam mit den Beteiligten wirksame Strategien für dem Tourismus zu erarbeiten und auf Landesebene eine Aufwertung des Wirtschaftsfaktors Tourismus, auch über die zertifizierten Tourismus Kommunen hinaus zu erreichen.
  • dem Landtag regelmäßig über die Ergebnisse des Dialogprozesses und die Entwicklungen im Bereich der Tourismuswirtschaft zu berichten.

Begründung

Politisches Ziel in Niedersachsen ist der Ausbau und die Attraktivitätssteigerung des Tourismus, ob an der Nordsee, in der Lüneburger Heide oder im Harz. Die Landesregierung unterstützt dieses Vorhaben über verschiedene Maßnahmen im Bereich der Projektförderung und in Bezug auf das Marketing über die zentrale von Land finanzierte TMN (Tourismus Marketing Niedersachsen).

Diese Förderungen sind wichtig und sinnvoll, decken jedoch die Gesamtproblematik des Tourismus in den Kommunen nicht ab. Vor allem in den Bereichen der täglichen Daseinsvorsorge werden die zertifizierten Tourismuskommunen vom Land Niedersachsen allein gelassen. Andere Bundesländer, wie z.B. Hessen oder Nordrhein-Westfalen handeln hier sehr wohl, auch über den kommunalen Finanzausgleich.  Das Land Niedersachsen lehnt dies bisher ab. Damit erfolgt im Vergleich mit benachbarten Bundesländern eine Ungleichbehandlung der niedersächsischen Tourismuskommunen, die einen Wettbewerbsnachteil darstellt. Dieser seit Jahren bekannte und von niedersächsischen Tourismuskommunen wiederholt angesprochene Nachteil gegenüber anderen Bundesländern ist mit dem von der Landesregierung ausgegebenen Ziel – den Tourismus zu stärken - nicht vereinbar.

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