Antrag: Besichtigungsquote aller niedersächsischer Betriebe von 5 Prozent ab 2026 erfüllen: 44 zusätzliche Stellen in den Gewerbeaufsichtsämtern bis 2024!

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

Die EU-Mitgliedstaaten sind rechtlich verpflichtet, angemessene Kontrollen und Überwachungen im Arbeitsschutz sicherzustellen (Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie 9/391/EWG). Im Rahmen des Arbeitsschutzgesetzes ist diese Richtlinie national umzusetzen. Außerdem sieht das novellierte Arbeitsschutzkontrollgesetz vor, dass die Arbeitsschutzbehörden erstmalig im Jahr 2026 eine Besichtigungsquote von mindestens 5 Prozent aller Betriebe zu erfüllen sind – so auch in Niedersachsen. Die Besichtigungsquote von 5 Prozent ist in den folgenden Jahren sukzessive zu erreichen. Die Gewerbeaufsichtsverwaltung hat im Rahmen eines Konzeptes festgestellt, dass insgesamt 70 zusätzliche Vollzeitstellen in den Gewerbeaufsichtsämtern des Landes nötig sind, um den Mehrbedarf, der sich aus den rechtlichen Vorgaben ergibt, abzudecken. Im Haushaltsplan des Landes für die Jahre 2022 und 2023 sind hingegen pro Jahr jeweils nur acht zusätzliche Stellen vorgesehen; zehn weitere Stellen sind intern bereits zum 1.1.2021 umgewidmet worden. Damit fehlen bislang weitere 44 Vollzeitstellen. Der Beirat für Arbeitsschutz (DGB und UVN) hat in einem Brandbrief darauf hingewiesen, dass er „ein Problem bei der Erfüllung des gesetzlichen Auftrages des Landes Niedersachsen bei der Aufsicht über den Arbeitsschutz“ sieht, wenn das Land nicht auch noch die fehlenden 44 Stellen bis 2024 einrichte.

Wir fordern die Landesregierung auf

  1. sicherzustellen, dass die rechtlichen Vorgaben aus der EU-Richtlinie 9/391/EWG und dem nationalen Arbeitsschutzkontrollgesetz in Niedersachsen umgesetzt werden, und die Arbeitsschutzbehörden, die vorgegebene Besichtigungsquote von mindestens fünf Prozent aller niedersächsischen Betriebe von 2026 an erfüllen können;
  2. dass das Land in Anlehnung an das „Konzept zur Umsetzung der Besichtigungsquote gemäß Arbeitsschutzkontrollgesetz in Niedersachsen“ (Stand April 2021) vorsieht, zum 1.4.2022, zum 1.1.2023 und zum 1.1.2024 auf die Jahre gleichmäßig verteilt ausreichend zusätzliche Vollzeitstellen bei den Arbeitsschutzbehörden zu schaffen.

Begründung

Wenn sich das Land für faire Bezahlung und anständige Arbeitsbedingungen einsetzen will, muss Niedersachsen sicherstellen, dass Gesetzesvorgaben eingehalten werden. Rechtliche Regelungen beim Arbeitsschutz allein genügen nicht, wenn sie nicht ausreichend kontrolliert und Verstöße gegen die Regelungen sanktioniert werden. Durchgeführte Kontrollen der Betriebe in Niedersachsen fielen in der Vergangenheit allerdings gering aus. Es gab zwar einige Schwerpunktkontrollen wie z.B. Corona bedingt in der Fleischindustrie. Gleichwohl wurden bisher Mindestquoten nicht erreicht. Aus der Antwort der Landesregierung auf eine grüne Anfrage (Drucksache 18/8759) geht hervor, dass den Landesbehörden für die Kontrolle von 10.000 Beschäftigten lediglich 0,81 Vollzeitstellen (VZS) zur Verfügung stehen. Die ILO-Quote sieht allerdings mindestens 1 VZS Kontrollkraft vor. Die Besichtigungsquote von allen Betrieben in Niedersachsen durch das Land lag 2020 bei 0,6 Prozent.

Im Zuge des neuen Arbeitsschutzkontrollgesetzes muss Niedersachsen aber in der Lage sein, eine Besichtigungsquote von mindestens 5 Prozent aller Betriebe von 2026 an zu erfüllen. Dies ist mit dem bisherigen Personal in den niedersächsischen Gewerbeaufsichtsämtern nicht möglich. Zu diesem Schluss kommt auch eine Untersuchung des Landes: Das „Konzept zur Umsetzung der Besichtigungsquote gemäß Arbeitsschutzkontrollgesetz in Niedersachsen“ vom 21.4.2021 sieht vor, dass insgesamt 70 zusätzliche Vollzeitstellen für die Bewältigung dieser Aufgabe nötig sind. Zehn Stellen sind bereits zum 1. Januar 2021 umgewidmet worden. Die verbleibenden 60 Stellen bzw. der im Haushalt bislang nicht abgebildeten 44 Stellen müssten nun aber in den kommenden drei Jahren geschaffen bzw. umgewidmet werden. Da für die Ausführung der Aufgabe außerdem eine zweijährige Ausbildung nötig ist und intern pro Jahr nur 20 solcher Ausbildungsplätze vergeben werden können, müssen die Stellen gleichmäßig verteilt und jeweils zu Beginn der Jahre 2022, 2023 und 2024 erfolgen.

Der Doppelhaushalt der Landessieht jedoch nur acht Stellen jeweils für das Jahr 2022 und 2023 vor, damit fehlen im Vergleich zur internen Untersuchung noch 44 weitere Stellen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und die Unternehmensverbände Niedersachsen (UVN) sorgen sich nun, ob Niedersachsen von 2026 an in der Lage sein wird, die gesetzlichen Vorgaben einzuhalten. So schreiben sie in einem Brandbrief vom 15. November 2021: „Uns als Vertreter der Sozialpartner in Niedersachsen ist eine angemessene und gesetzeskonforme Aufsicht über den Arbeitsschutz in Niedersachsen wichtig. Dies dient dem Schutz der Beschäftigten, der Wettbewerbsgleichheit und der Glaubwürdigkeit des Landes gegenüber den gesetzestreuen Bürgerinnen und Bürgern einschließlich der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber.“

Ohne eine deutliche personelle Aufstockung wird Niedersachsen allerdings die EU-Richtlinie zur Kontrolle und Überwachung im Arbeitsschutzgesetz (Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie 9/391/EWG) bzw. das Arbeitsschutzkontrollgesetz nicht umsetzen können. Eine Besichtigungsquote von mindestens 5 Prozent aller Betriebe bis 2026 wird nicht erreicht werden können, solange die Gewerbeaufsichtsämter nicht über genügend Beschäftigte verfügen.

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