Eva Viehoff: Rede zum Entwurf eines Niedersächsischen Kulturfördergesetzes

TOP 4: Entwurf eines Niedersächsischen Kulturfördergesetzes

- Es gilt das gesprochene Wort -

<Anrede>

Heute soll Niedersachsen als drittes Bundesland ein Kulturfördergesetz erhalten. Die Idee besteht darin, den in Artikel 6 der Niedersächsischen Verfassung formulierten Auftrag zu konkretisieren, der vorschreibt, dass das Land, die Gemeinden und die Landkreise Kunst und Kultur schützen und fördern.

Damit dieses Gesetz ca. 70 Jahre nach der Gründung Niedersachsens endlich auf den Weg gebracht wurde brauchte es den Antrag „Kultur ist keine Sahnehäubchen - Kulturfördergesetz jetzt!“ unserer Fraktion aus dem Jahr 2020 und wenn wir alle ehrlich sind auch die Corona-Pandemie.

Im Februar 2022 brachten SPD und CDU den Gesetzentwurf in die Beratung. Schon damals zeigte sich, dass man sich entweder wenig Mühe geben wollte oder – was wahrscheinlicher ist, dass selbst die Frage der Förderung von Kunst und Kultur bei SPD und CDU nur im Rahmen des kleinsten gemeinsamen Nenners möglich ist.

Und so bleibt der jetzt vorliegende Gesetzentwurf durchgehend unverbindlich. Die Aneinanderreihung von Absichtserklärungen ohne Rechtsfolge mag manche in der Kulturszene beruhigen. Sie hilft ihr aktuell nicht. Das sehen viele Kulturschaffende, die kommunalen Spitzenverbände und der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst im Übrigen genauso. So erteilt der GBD in seiner Einleitung zur Stellungnahme den Verfasser*innen – wie ich finde – eine schallende Ohrfeige indem er ausführt, dass das Gesetz eben nur beschreibt, was es eh schon gibt.

Zitat: „der Entwurf hingegen enthält überwiegend Bestimmungen, die keinen echten Regelungscharakter aufweisen. …“ und weiter „Es handelt sich vielmehr vielfach um Programmsätze, die als solche nicht auf Bewirkung konkreter Regelungsfolgen zielen, sondern eine Art Absichtserklärung darstellen. …Solche Inhalte sind (– jedenfalls in der vorliegenden geballten Form –) in Gesetzen nicht nur unüblich; für sie ist die Gesetzesform nicht erforderlich.“

Im Klartext: ein solches Gesetz, in dieser Form brauchen wir nicht!

<Anrede>

Und das hat sich auch nicht mit dem vorliegenden Änderungsvorschlag von SPD und CDU gebessert. Jetzt sind die Sparten zwar konkretisiert und viele haben einen eigenen Paragrafen bekommen. Auch hat das Wort „innovativ“ Eingang ins Gesetz gefunden. Nur womit wird denn all das nun umgesetzt?

Eine finanzielle Absicherung sieht das Gesetz nicht vor. Vielmehr wird es nach diesem Gesetz Kulturförderung nur nach „pflichtgemäßen Ermessen im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel“ geben. Zusätzliche Mittel gab es wie im Doppelhaushalt 22/23 nicht, außer über die politische Liste. Und das vor dem Hintergrund dass Niedersachsen bei der öffentlichen Kulturförderung im Ländervergleich eher zu den Letzten als den Ersten gehört.

Lassen Sie mich das am Beispiel der Musikschulen konkretisieren: Die Forderung der Musikschulen auf ihrer Jahrestagung in Stade war und ist – sie benötigen dafür das endlich alle Musiklehrkräfte tarifgebunden bezahlt werden können, und eben auch für die inhaltliche Arbeit, mehr als eine Landesförderung in Höhe von ca. 1,8% ihres Gesamthaushaltes Die Forderung: eine Steigerung auf 10%.

Die Musikschulen – die jetzt im Gesetz einen eigenen Paragrafen haben – werden allerdings institutionell nur aus den Mitteln der Einnahmen aus der Bingostiftung vom Land gefördert und aus dem Haushalt über das Projekt „Wir machen die Musik“.

Da fragt man sich doch, wieso die Musikschulen, die immer mehr Aufgaben des Landes in der Musikförderung übernehmen nicht schon längst aus dem Kulturhaushalt institutionell gefördert werden.

Nun stehen die Musikschulen im Gesetz – an ihrem Status im Haushalt ändert sich nichts.

<Anrede>

Damit geht es ihnen allerdings besser als zum Beispiel den kommunalen Theatern, die im Gesetz gar nicht vorkommen. Ganz zu schweigen davon, dass man sich zukünftigen Herausforderungen zugewandt hätte, wie Fragen der Nachhaltigkeit und es Klimaschutzes in Kunst und Kultur.

Auch wenn die angehörten Verbände, Initiativen und Institutionen langfristig Chancen in einem solchen Gesetzes sehen, bleibt der Gesetzentwurf weit hinter den Erwartungen der Kulturszene/Kommunen zurück. Er beschreibt den Status Quo, ändert jedoch nichts. Er tut niemandem weh, hilft der Kultur aber nicht.

Für die Zukunft von Kunst und Kultur in Niedersachsen braucht es deutlich mehr als dieses Gesetz, weshalb wir uns kraftvoll enthalten werden.

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