Eva Viehoff: Rede zum Entwurf eines Niedersächsischen Kulturfördergesetzes (Gesetzentwurf SPD/CDU)

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

gut ein Jahr nach unserem grünen Antrag „Kunst und Kultur sind keine Sahnehäubchen – Kulturfördergesetz jetzt!“ legt die große Koalition heute einen Entwurf für ein Kulturfördergesetz vor.

Leider bleibt der Gesetzentwurf weit hinter den Erwartungen der Kulturszene zurück. Er beschreibt den Status Quo, ändert jedoch nichts. Er tut niemandem weh, hilft der Kultur aber nicht.

Herr Toepffer weist medienwirksam in der Landeszeitung für die Lüneburger Heide auf die desaströse Lage der kommunalen Theater hin.

Gleichzeitig findet er, dass das Gesetz eine, Zitat: „revolutionäre Formulierung“ enthält: „Die Förderung der Kultur im kommunalen Raum ist Sache des Landes.“

Im Gesetz heißt es aber auch: „Die Förderung erfolgt nach pflichtgemäßem Ermessen im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel“.

Bisher hat es Minister Thümler nicht geschafft für die Kultur mehr Geld beim Finanzminister locker zu machen. Und wenn das nicht gelingt, dann rettet hier auch niemand irgendeine in Not geratene Kultursparte, nicht die kommunalen Theater, nicht die freie Szene – nichts!

So lange sich die Mittel für die Kultur nicht erhöhen, bedeutet die Förderung der Kultur im kommunalen Raum durch das Land nur, dass etwas Anderes dann nicht mehr gefördert wird.

Das muss auch die CDU verstehen.

Und da liegt dann auch der Unterschied zu unserem Antrag vom 3.11.2020. Wir haben sehr deutlich gemacht, dass es neben den notwendigen transparenten Regelungen mehr Geld für die Kultur braucht.

Herr Toepffer stellt im erwähnten Zeitungsartikel die Frage: „Was ist uns Kultur wert“ und

und tut so, als ob Kultur die Bürger*innen nur Geld kostet und keinen Gegenwert schafft.

Kultur ist Teil unserer Identität!

Sie kostet nicht nur Geld, sondern macht in Niedersachsen auch 8,7 Milliarden Euro Umsatz und gibt 82.000 Menschen ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis. Im Maschinenbau sind es 65.000 Erwerbstätige.

Kultur können wir uns nicht nur „angucken“, sondern sie bietet Räume für Austausch und Verständnis zwischen verschiedenen Menschen und Perspektiven.

Und Kultur ist nicht Opfer der Marktwirtschaft in Corona-Zeiten, sondern Opfer der Corona-Politik dieser Landesregierung!

Anstatt an einem bedarfsgerechten Gesetz zu arbeiten, hat das Haus von Minister Thümler ein Gesetz aus NRW kopiert.

Aber wenn Sie schon kopieren, wieso kopieren Sie dann nicht die neue Kulturgesetzgebung aus NRW, sondern die acht Jahre alte? NRW ist schon viel weiter. So berücksichtigt NRW beispielsweise mittlerweile die Provenienzforschung und Klimaschutz und Nachhaltigkeitsaspekte.

Wieso möchten Sie hinterherlaufen, wenn jemand Ihnen anbietet, Sie ein Stück mitzunehmen? Wieso nutzen Sie nicht die Erfahrungen, die NRW acht Jahre lang gesammelt hat?

Der Gesetzentwurf hat neben der fehlenden größeren Finanzierungszusage an die Kultur in Niedersachsen weitere Schwächen.

So schafft es der Gesetzentwurf mal eben, etablierte Beratungsstrukturen, wie die der Soziokultur quasi zu zerschlagen, indem man festlegt, dass es die Landschaftsverbände sein sollen, die spartenübergreifend die Kultureinrichtungen und Kulturschaffenden in den Regionen beraten.

Das ist eine Reaktion der Hilfslosigkeit, um das wenige Geld an einer Stelle zu konzentrieren. Sie ist jedoch nicht förderlich für die Kulturvielfalt.

Gleiches gilt für die vermeintliche Einigung auf die Zahlung von Honoraren auf Mindestlohnniveau.

Da ist wieder die Annahme von Normalarbeitsverhältnissen in der Kultur- und Veranstaltungsbranche – die es so kaum gibt. Die wenigsten Förderungen werden diesem Normalarbeitsverhältnis entsprechen und so bleibt das Einkommen von Kulturschaffenden weiter unter Mindestlohnniveau, bringt keine Absicherung für Krisen, geschweige denn eine Absicherung im Alter.

Faire Arbeit in der Kultur braucht faire Entlohnung oder Honorierung. Eine Honoraruntergrenze muss deshalb deutlich über dem Mindestlohnniveau liegen.

Es ist richtig nun erstmals einen gesetzlichen Rahmen für die Kulturförderung in Niedersachsen zu schaffen.

Doch eine Idee der Finanzierung für eine dauerhafte Strukturförderung, verlässliche Projektförderung und gute Arbeit in Kunst und Kultur hat der Gesetzentwurf nicht.

So bleibt fraglich wie es gelingen kann die Strukturen der Kulturförderung zu festigen geschweige denn auszubauen. Das bleibt der vorliegende Gesetzentwurf schuldig.

Vielen Dank.

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