Eva Viehoff: Rede zum Infektionsschutz am Arbeitsplatz (Antrag GRÜNE - TOP 16)

- Es gilt das gesprochene Wort -

Das Infektionsgeschehen ist auch in Niedersachsen noch auf hohem Niveau. Daher ist die Verlängerung des Lockdown richtig und es ist richtig, dass die erheblichen Einschränkungen im persönlichen Bereich weiter notwendig sind. Besonders auch vor dem Hintergrund der Mutationen aus Südafrika und Großbritannien.

Darüber hinaus müssen wir doch gerade vor diesem Hintergrund auch schauen, wo es denn noch Möglichkeiten gibt, Kontakte einzuschränken. Unserer Meinung nach ist dies am Arbeitsplatz durchaus möglich, nämlich durch Maßnahmen, die mobiles Arbeiten ermöglichen, nachvollziehbare transparente Hygienemaßnahmen weiter umzusetzen, sowie deren Kontrolle zu forcieren

Unser gemeinsames Ziel ist doch, die Infektionszahlen möglichst schnell und deutlich zu senken, und nicht in einem Dauerlockdown zu verharren. Dazu braucht es pandemiekonforme Arbeitsschutzregelungen. Eine davon ist das Gebot zum mobilen Arbeiten.

Dass vieles möglich ist, hat der erste Lockdown doch gezeigt. Im jetzigen Lockdown haben viele Arbeitgeber*innen wie im Frühjahr soweit wie möglich ihren Mitarbeitenden mobiles Arbeiten ermöglicht. Sie zeigen doch Tag für Tag, dass es möglich ist!

Allerdings erfolgt die Umsetzung nicht in dem Umfang wie im April 2020, wie eine Studie der Hans Böckler-Stiftung zeigt:  Im April 2020 arbeiteten 27% der Arbeitnehmer*innen mobil von zuhause aus, im November 2020 waren es nur 14 %. Dabei muss man wissen, dass 1% mehr mobiles Arbeiten also Homeoffice zwischen 4 – 8% Senkung der Infektionsquote ausmachen.

Mit dieser Erkenntnis muss doch das Ziel sein, soviel mobiles Arbeiten wie möglich zu erreichen. Weil wir wissen, dass es geht, wäre es doch gut, sich zum Ziel zu setzen, die Quote aus dem April 2020 möglichst wieder zu erreichen.

Um es klar zu sagen: Nicht jede Tätigkeit eignet sich für mobiles Arbeiten. Nicht jede*r Angestellte*r will und kann mobil arbeiten – allein schon wegen der Tatsache, dass wir in Sachen Digitalisierung nicht weiterkommen. Und auch Corona-Regelungen wie die Schulschließungen, die Kein-Freund-Regel für Kinder über 3 Jahren verhindern mobiles Arbeiten. Um es hier nochmal klipp und klar zu sagen, mobil arbeiten und Kinderbetreuung gehen nicht zusammen!

Doch beim Arbeitsschutz geht eben nicht nur um mobiles Arbeiten. Auch der Schutz am Arbeitsplatz, im Unternehmen, muss coronakonform gewährleistet werden. Die Entscheidung, dass Arbeitgeber*innen nun dem Mitarbeitenden medizinische oder FFP-2-Masken zur Verfügung stellen müssen, ist ein richtiger und wichtiger Schritt! Wir können uns allerdings deutlich mehr Infektionsschutz vorstellen als nur die Verschärfung der Maskenpflicht:

Wie die beim Gespräch mit Bundesregierung und MPK beschlossenen Schnelltest. Doch die sind dann auch nach weniger als einem Tag „Schnee von gestern“, weil die Bundesregierung vor der Wirtschaft eingeknickt ist. Dabei sind es doch gerade diese Tests, die erreichen, dass wir auch symptomlose Infizierte schnell identifizieren. Weitere Schritte wären gestaffelte Arbeitszeiten, um das Kommen und Gehen zu entschärfen (auch das wird schon in einigen Betrieben praktiziert) bis hin zu einem befristeten Schichtbetrieb (da wo es sie noch nicht gibt) – es muss eben alles getan werden, um Kontakte und damit die Infektionsgefahr im Betrieb zu minimieren.

Und gerade in den vulnerablen Bereichen, die im Rahmen der Pandemie auch immer wieder in den Schlagzeilen waren, wie Schlachtbetriebe oder die Logistik brauchen gute Hygienekonzepte und vor allem eine regelmäßige Schnelltestung

Doch die Pandemie und ihre Verordnungen offenbaren einen eklatanten Mangel im Kontrollwesen, der schon viel zu lange billigend in Kauf genommen wird. Die personelle Situation in den Gesundheits- und Gewerbeaufsichtsämtern.  Gerade in der aktuellen Situation wäre es wichtig, ausreichend Personal zu haben, die Maßnahmen zum Infektionsschutz überprüfen könnten. Denn seien wir ehrlich: Ergriffenen Maßnahmen, die nicht auch überprüft werden, sind halb so wirksam.

Im Bereich von Gaststätten, Frisören, dem Einzelhandel, der Kultur war die Politik schnell im Handeln.  Doch bei der Frage des Infektionsschutzes im weiter produzierenden Gewerbe zögert und zaudert die Politik, das gilt auch für Ministerpräsident Weil.

Den Einzelhandel von heute auf morgen schließen und jetzt, zu mobilem Arbeiten und Hygieneschutz im Betrieb, erst appellieren, dann über Verpflichtungen reden und schlussendlich zwar Beschlüsse fassen, die dann aber schon am nächsten Tag nicht mehr aktuell sind. Das hat wenig zu tun mit Klarheit und Planungsperspektive – doch genau das braucht die Wirtschaft dringend in allen Bereichen, auch den Geschlossenen.

Lieber wird aber gestritten über Umsetzung oder Nichtumsetzung, nicht wie man Arbeitgeber*innen auch finanziell unterstützen kann, damit sie in die Lage versetzt werden, den Infektionsschutz weiter zu verbessern. Denn auch uns ist klar, dass mobiles Arbeiten, aber auch verstärkte Hygienemaßnahmen in den Betrieben Mehrkosten verursachen, die in der jetzigen schwierigen Situation nicht einfach zu stemmen sind.

Das Engagement für mehr Infektionsschutz muss daher unserer Meinung nach finanziell auch unterstützt werden. Wir schlagen dafür Mikro-Kredite vor, die hervorragend geeignet sind um z.B. Equipment für mobiles Arbeiten zu beschaffen.

Viele Unternehmen wie Gaststätten, Schaustellerbetriebe, Reisebüros … haben nicht mal die Wahl, wie und ob sie arbeiten können – sie sind seit November im Lockdown und zu! Jetzt nach fast einem Vierteljahr noch einmal zu schauen, was in den Betrieben, die arbeiten können, möglich ist, um Kontakte und damit Infektionen einzuschränken, ist richtig.

Richtig ist aber auch, genau diese umzusetzenden Maßnahmen zu flankieren, nicht nur mit Kontrolle, sondern auch mit finanzieller Unterstützung. Betriebliche Maßnahmen zum Infektionsschutz mit mehr mobilem Arbeiten und mehr Infektionsschutz am Arbeitsplatz bedeuten nicht die Wirtschaft zu behindern.

Sie sind Ausdruck des Bestrebens, absehbar den Lockdown beenden zu können. Und das ist doch gut für alle.

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